Online-Workshop Herausforderung Corona - Was lernen wir daraus für dem Umgang mit älteren Menschen?
Am 08. September 2020 veranstalteten das Kompetenzzentrum Soziale Innovation Sachsen-Anhalt und der Forschungsverbund Autonomie im Alter einen Online-Workshop zum Thema „Herausforderung Corona - Was lernen wir daraus für den Umgang mit älteren Menschen?“.
Ausgangssituation
Ältere Menschen zählen zu den besonders gefährdeten Gruppen, wenn es um eine potentiell schwere Krankheitsausprägung nach der Ansteckung mit dem COVID19-Virus geht. Liegen dazu Vorerkrankungen und/oder eine Pflegebedürftigkeit vor, muss ein besonderer Schutz Betroffener gewährleistet werden, um eine lebensgefährliche Ansteckung mit dem Virus zu verhindern. Aus diesem Grund galten bis vor kurzem Kontaktbeschränkungen und besondere Hygienemaßnahmen für stationäre Pflegeeinrichtungen wie auch für das Leben in der eigenen Häuslichkeit. Besuchsverbote und Kontaktregelungen änderten das Leben von Bewohner*innen stationärer Pflegeeinrichtungen, älteren Menschen zu Hause und den Berufsalltag von Pflegekräften. Auch nach den Lockerungen der Beschränkungen stehen Diskurse um den Umgang mit bestimmten Personengruppen im Fokus, welche vor dem Hintergrund des sozialen/gesellschaftlichen Zusammenhaltes diskutiert werden.
Inputs des Online-Workshops
Der Online-Workshop beschäftigte sich mit den Konsequenzen, die diese weitläufigen Veränderungen für die betroffenen Menschen und das Pflegepersonal mit sich bringen, wie damit umgegangen wurde und wird und welche sozialen Alternativen aus dieser Situation erwachsen. Der Fokus liegt dabei auf den Erkenntnissen.
Was sind die wichtigsten lessons learned der Corona-Einschränkungen?
Die größten Herausforderungen für pflegende Angehörige sah Bettina Albert in der fehlenden bzw. unzureichenden Kommunikation von staatlicher/politischer Seite über Beschränkungen und Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie. Pflegende Angehörige und zu Pflegende mussten sich sehr spontan auf kurzfristig umgesetzte Maßnahmen einstellen. Notwendig Vorkehrungen waren oft nicht umsetzbar. Außerdem gab zu Beginn der Pandemie viele unterschiedliche Regelungen zwischen verschiedenen Pflegestationen. Angehörige beklagten besonders den, durch die Zugangsbeschränkungen, fehlenden Kontakt zu ihren Angehörigen und sorgten sich, um deren soziale Isolation. In der häuslichen Pflege nahmen pflegende Angehörige die Situation ähnlich wie Eltern von Schulkindern wahr: Durch Schließungen von Tagespflegen oder ähnlichen Angeboten, mussten Betreuung neu und eigens organisiert werden. Unter anderem brachen aufsuchende Angebote und Dienstleistung, bspw. mobile Pflege oder häusliche Arztbesuche weg.
Im Falle einer ähnlichen Situation empfiehlt Bettina Albert einen zentralen Ansprechpartner in stationären Pflegeeinrichtungen oder im Quartier, an den sich angehörige Pflegende wenden können. Darüber hinaus wünscht sie sich mehrere Kommunikationskanäle zu diesen Ansprechpartner*innen, um einem Abbruch der Kommunikation vorzubeugen.
Besondere Herausforderungen für ältere Menschen im Zusammenhang mit COVID-19 ist das steigende Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs ab dem 50. Lebensjahr, wodurch ältere Menschen einen besonderen Schutz benötigen. Jedoch ist die Risikogruppe „ältere Menschen“ sehr heterogen, hat unterschiedliche Lebensstile, Vorerkrankungen und Bedürfnisse und fordert dadurch für sich selbst auch eine differenzierte Behandlung bei dem Umgang mit COVID-19. Insbesondere auch, weil soziale Isolation zu gesundheitlichen Problemen führen kann.
In dem seit etwa einem Jahr laufenden STARK-Projekt wird der Faktor soziale Isolation untersucht. Das übergeordnete Ziel des Projektes ist die soziale Teilhabe von älteren Menschen im Quartier Kannenstieg zu fördern und zu stärken. Dabei wird ein partizipativer Ansatz verfolgt, bei dem die Zielgruppe gemeinsam aktiv mit Wissenschaftler*innen forscht. Co-Forschende konnten über ein Fanzin, ein per Post zirkulierendes Heft, Texte und Artikel schreiben und vervielfältigen und darüber ihre Empfindungen während der Kontaktbeschränkungen durch COVID-19 ausdrücken. Auch hieraus ergab sich ein gemischtes und heterogenes Stimmungsbild der älteren Menschen. Die Bedrohung durch COVID-19 und die Kontaktbeschränkungen werden unterschiedlich erlebt. So heterogen wie die Gruppe der älteren Menschen ist, so unterschiedlich ist der Umgang mit der Corona-Pandemie und den umgesetzten Maßnahmen. Einige ältere Menschen sind ausgeglichen, andere besorgt. Einige werden aktiv, andere besinnen sich auf Wesentliches zurück. Auch der Umgang mit digitalen Medien wird unterschiedliche gehandhabt.
Eine konkrete Herausforderung zu Beginn der Pandemie war die soziale Distanz, der Bewohner*innen in stationären Pflegeeinrichtungen ausgesetzt waren. Dabei hat eine Kontaktsperre, die über mehrere Wochen und Monate erlassen wird, weit reichende Folgen und verursacht Einsamkeit und soziale Isolation. Zukünftig muss eine stärkere Abwägung zwischen Nutzen und Folgen bestimmter Maßnahmen, insbesondere in Hinblick auf die psychische Gesundheit von älteren Menschen stattfinden. Häufig bringen nicht externe Zugehende ein hohes Infektionsrisiko mit sich, sondern internes Personal. Mit zunehmendem Verlauf der Einschränkungen nahmen die Bewohner*innen die Kontaktverbote als „Eingesperrtsein“ war. Besonders für kognitiv Beeinträchtigte oder Patienten mit Demenz war die Situation schwierig verständlich. Insgesamt ist die empirische Lage über die Corona-Pandemie noch unzureichend. Entsprechende Studien, Untersuchungen und Befragungen in den stationären Pflegeeinrichtungen müssen zeitnah vollzogen werden. Empfehlungen aus pflegewissenschaftlicher Sicht wurden unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft in einer Leitlinie zusammengefasst: